Interview: Kann die Entwaldung in Panama gestoppt werden?

Aerial-Aufnahme von einer aufgeforsteten Fläche.

Überall auf der Welt schwindet der Wald. Nur in Panama ist in den letzten Jahren mehr hinzugekommen als verloren gegangen ist. Im Interview erklärt Francisco Cadavid, Leiter der Umweltbehörde in Panama, wie das gelungen ist und welches Ziel dahintersteckt.

The Generation Forest: Die Umweltbehörde in Panama hat in diesem Jahr Zahlen veröffentlicht, die zeigen, dass in den vergangenen Jahren mehr Wald im Land hinzugekommen, als verloren gegangen ist. Wie bewerten Sie diese Entwicklung vor dem Hintergrund der weltweiten Entwaldung und des Klimawandels?

Francisco Cadavid:Richtig, wir haben in Panama die Waldfläche in den letzten drei Jahren um drei Prozent erhöht, was mehr als 170.000 Hektar entspricht. Ich halte die Entwaldung für ein dringendes Problem, bei dem jedes Land Prioritäten setzen muss. Es geht nicht nur um zukünftige Entwicklungen, sondern darum, jetzt etwas gemeinsam zu tun, um den Klimawandel direkt und indirekt zu bekämpfen. Denn das wird nicht in den Regierungsgebäuden oder auf Konferenzen erreicht, sondern nur vor Ort. Und zwar dort, wo die Bäume und Wälder eine Schlüsselrolle für unser Klima spielen.

 

Wie und wann entstand die Mission der Aufforstung?

Für mich persönlich ist die Aufforstung seit meiner Kindheit ein wichtiges Anliegen. Ich hatte immer den Wunsch, ein grüneres Land zu erleben, und Gott sei Dank haben wir es erreicht. Basis dafür ist das Nationale Programm zur Wiederherstellung der Wälder, das zu den Prioritäten dieser Regierung unter Präsident Laurentino Cortizo gehört.

 

Welche Herausforderungen waren mit diesem Projekt verbunden?

Das Programm startete kurz vor der Pandemie und unsere Pläne waren vom staatlichen Budget abhängig, das dann erst einmal in den Gesundheitsschutz und die Pandemiebekämpfung floss. Wir haben unsere Kampagne dann angepasst und uns mit dem Satz „Es kommt nicht auf die Quantität, sondern auf die Qualität an“ an die gesamte Bevölkerung gewandt, um sie mit einzubinden. Es ging also nicht darum, so viele Bäume wie möglich zu pflanzen, sondern dass wir es gemeinsam schaffen, die gepflanzten Bäume auch zu pflegen, um nachhaltig etwas zu bewirken.

 

Wie kann man sich den Prozess der Aufforstung vorstellen?

Die Aufforstung ist kein einfacher Prozess. Wir haben gemerkt, dass dort, wo die Aufforstung auf die leichte Schulter genommen wird, sie auch meistens misslingt. Sie erfordert Wissen, Planung und viel Engagement. Wir haben anfangs das Land in Zonen unterteilt. Abhängig von der Menge und Häufigkeit der Regenfälle in Panama wurden in jedem Monat des Jahres und in jedem Gebiet Bäume gepflanzt. Wir haben uns außerdem dazu entschlossen, größere Bäume aus Baumschulen zu pflanzen, die zu den jeweiligen Gebieten passen, damit ihre Überlebenschance möglichst groß und der Aufwand gering ist. Dabei ist es uns gelungen, indigene Völker, die Wissenschaft, die Zivilgesellschaft, Privatunternehmen, die Regierung und internationale Organisationen zusammenzubringen.

 

Haben Sie das Gefühl, die Bevölkerung in Panama steht hinter dem Ziel der Aufforstung? Oft sind es Kleinbauern, die den Wald auf ihrem Land für die Landwirtschaft oder Viehhaltung roden. Wie können sie vom Stopp der Entwaldung überzeugt werden?

Heute kann ich sagen, dass sich der Großteil der Bevölkerung für die Wiederherstellung, Erhaltung und den Schutz des Waldes einsetzt. Das war nicht immer so. Und speziell bei den Landwirten war es schwierig, sie von der Teilnahme an unserem Programm zu überzeugen. Schon 2020 haben wir in der Azuero-Region ein Projekt mit Menschen aus der Landwirtschaft durchgeführt, um nachhaltige Praktiken – auch im Zusammenhang mit der Bewaldung – zu lehren. Heute fragen uns die Nachbarn dieser Farmen und andere Provinzen, wann die nächste Phase beginnt, weil Sie erkannt haben, dass die Bäume auf ihren Flächen Vorteile für ihr Vieh, ihre Nutzpflanzen oder das Grundwasser mit sich bringen.

 

Panama möchte – so wie auch andere Länder – die Entwaldung bis 2030 stoppen. Der erste Schritt scheint getan. Ist das Ziel bis 2030 realistisch?

Es gibt in Panama die Redewendung, dass man zuerst mit dem Gehen anfangen sollte, bevor man losläuft. Viele Klimaziele scheitern aus meiner Sicht genau daran: Man will zu schnell zu viel. Wir haben nun den ersten großen Schritt getan und können fortan unser Tempo erhöhen, wenn wir auf dieses Ziel zulaufen. Der nächste große Schritt wird der Nationale Aufforstungsfonds sein. Wenn dieser in den Staatshaushalt aufgenommen wird, kann er für wirtschaftliche Anreize für den Erhalt des Waldes setzen und die Menschen unterstützen, die sich längst für den Wald einsetzen. Dafür werden aber auch internationale Mittel notwendig sein.

 

Was sind Ihre Aufforstungsziele für die kommenden Jahre?

Das Ziel ist klar: Wir müssen das Erreichte erhalten und mit unseren verfügbaren Instrumenten – vom Nationalen Programm zur Wiederherstellung der Wälder bis zum Aufforstungsfonds – die positive Entwicklung weiter vorantreiben. Damit sie langfristig nachhaltig wirken und greifbare Ergebnisse erzielen können, brauchen sie aber eine strukturelle und wirtschaftliche Stärkung.

 

Wie schätzen Sie die Arbeit von The Generation Forest in diesem Zusammenhang ein?

Ich kenne das Konzept von The Generation Forest und finde es genial. Es stellt sicher, dass der Wald auf optimale, effiziente Weise bewirtschaftet und wiederhergestellt wird, während der Profit durch die Holzentnahme keine Schäden an der Umwelt oder dem Waldökosystem selbst mit sich bringt. Es ist wichtig, dass es solche Projekte gibt, die aus eigenem Antrieb handeln und innovative Konzepte zum Erhalt des Waldes entwickeln.

 

Jetzt macht El Niño den Wäldern in Mittel- und Südamerika zu schaffen. Wie wirkt sich das Wetterphänomen auf Ihre Arbeit aus?

Die Wetterbedingungen durch El Niño sind im Moment tatsächlich nicht günstig. Aber wie steht es so schön in der Bibel? Ein jegliches hat seine Zeit. Aufgrund der Trockenheit konzentrieren wir uns deshalb nicht auf neue Projekte, sondern um den Erhalt der Waldflächen.

 

Was bedeutet Ihnen die Natur in Panama?

In Panama sind wir gesegnet mit der Natur, die uns umgibt. Ich denke an die Wälder mit uralten Bäumen, die vielfältige Fauna darin, die fruchtbaren Böden, frisches Wasser und unzählige Wasserfälle, die von den Bäumen gespeist und geschützt werden. Die Obstbäume unterschiedlicher Geschmacksrichtungen und den Farbenreichtum der Blüten. Es ist nicht nur eine große Verantwortung, diese Natur zu schützen, sondern eine Ehre und ein Segen.

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